© Foto: Ch. Kuehne/Denkmalschutzbehörde Stadt Frankfurt (Oder)

Besaß Frankfurt (Oder) ein drittes mittelalterliches Kaufhaus?
Im südlichen Eingangsbereich des Rathauses wurden im Dezember 2020 bei Schachtungsarbeiten für einen neuen Fußbodenaufbau Relikte eines mittelalterlichen Kellers entdeckt und teilweise freigelegt. Die Bauweise der ältesten Teile des Backsteinmauerwerks dürfte diese in das 14. Jahrhundert datieren. Damit liegt ein erster Beleg für mittelalterliche Bauten auf dem Markt östlich der großen Rathaushalle vor. Einschätzungen des Stadtarchäologen Christian Matthes zufolge dürfte es sich dabei wahrscheinlich um ein Kaufhaus gehandelt haben.

Bis 1911 standen Bürgerhäuser bis unmittelbar östlich an die langgestreckte mittelalterliche Rathaushalle heran. Diese wurden für den Rathausneubau von 1913 abgebrochen. Bislang wurden sie nach einer Federzeichnung von Johann Stridberg von 1691 in das 17. bis 18. Jahrhundert datiert. Ihr deutlich älterer Kern wurde nun offengelegt.

Im November 2020 hat sich die ODERWELLE den Stand der Bauarbeiten im Rathaus von Frankfurt (Oder) angeschaut.

Im Mittelalter war es der Kommune vorbehalten, auf dem Marktplatz zu bauen. Hier wurde das Rathaus mit seiner Gerichtslaube errichtet. Die großen Hallen in Keller, Erdgeschoß und Obergeschoss dienten weniger der Verwaltung als vielmehr dem Handel und Festivitäten. Waren die Kapazitäten für den Handel nicht ausreichend, wurden neue städtische Gebäude als Kaufhäuser errichtet, so bislang nachweislich die Sieben Raben. Nun liegt ein erster archäologischer Beleg vor, dass ab dem 14. Jahrhundert auch östlich des Rathauses ein städtischer Bau errichtet worden ist. Insofern sind die aufgefundenen archäologischen Relikte bedeutsame bauliche Urkunden der Stadtgeschichte.        

Mit den wirtschaftlichen Krisen ab dem 16. Jahrhundert wurden diese Kaufhäuser wahrscheinlich nicht mehr benötigt und an die Bürgerschaft veräußert. Die Keller wurden geteilt und es entstanden Häuserparzellen. Die Gebäude darüber wurden angepasst und ihre Ursprungsbauten waren architektonisch irgendwann nicht mehr zu erkennen, sodass sie später entsprechend zu jung datiert wurden.    

Nur das nördlichste Gebäude der Häuserzeile östlich des mittelalterlichen Rathauses blieb im städtischen Besitz. Stadtchronist Wolfgang Jobst beschrieb es 1561 als niedriges Gebäude mit drei Giebeln, in dem die Waage, die Schankstube und die Bürgerwache untergebracht waren. Dieses wurde 1817 ersetzt und als „Kleines Rathaus“ bezeichnet.

Mit dem Neubau von 1913 dürfte ein Großteil der historischen Kelleranlagen östlich des mittelalterlichen Rathauses durch die Anlage neuer Kelleranlagen verloren gegangen sein. Nur am südlichen Ende im Bereich des nicht unterkellerten Foyers blieb ein Stück dieser Stadtgeschichte erhalten und wurde nun neu entdeckt.     

Die Mauerwerksrelikte verbleiben im Boden. Derzeit wird geprüft, inwiefern ein Ausschnitt in einem archäologischen Fenster dargestellt werden kann.