© Foto: Viadrina

Am 19. April verstarb der langjährige Viadrina-Jurist Prof. Dr. Dr. Uwe Scheffler, wie die Euroa-Universität heute mitteilte. 1993 kam er an die Viadrina und hatte bis zuletzt den Lehrstuhl für Strafrecht, Strafprozessrecht und Kriminologie inne.

„Mit Herrn Scheffler verlieren wir einen Kollegen, der in ganz besonderer Weise das internationale und interdisziplinäre Profil der Viadrina verkörpert hat. Seine Ausstellung zu Kunst und Strafrecht wurde in mehrere Sprachen übersetzt und ist ein herausragendes Beispiel für den Transfer universitären Wissens in die Gesellschaft. Sein kreativer Geist wird allen, die mit ihm zusammengearbeitet haben, sehr fehlen. Wir als universitäre Gemeinschaft werden ihn nicht vergessen und sein Angedenken ehren.“

Viadrina-Präsidentin Prof. Dr. Julia von Blumenthal

Im Foyer des Hauptgebäudes in der Große Scharrnstraße 59, liegt ein Kondolenzbuch aus. Unter Einhaltung der Hygienebestimmungen können dort letzte Grüße und Gedanken eingetragen werden. Postalische Kondolenz kann an den Lehrstuhl gerichtet werden (Lehrstuhl für Strafrecht, Strafprozessrecht und Kriminologie, z. Hd. Peggy Zimmer) oder per E-Mail an: pzimmer@europa-uni.de.

Ein Nachruf von Prof. Dr. Dr. hc Jan C. Joerden, Emeritus des Lehrstuhls für Strafrecht, insbesondere Internationales Strafrecht und Strafrechtsvergleichung, Rechtsphilosophie an der Europa-Universität Viadrina:

„Nach langer schwerer Krankheit, gegen die er mit allen Kräften ankämpfte, verstarb am 19. April 2021 Uwe Scheffler, Ordinarius für Strafrecht, Strafprozessrecht und Kriminologie an der Europa-Universität Viadrina. Uwe Scheffler wurde am 2. Dezember 1956 in Berlin geboren und studierte nach seinem Abitur (1975) an der Freien Universität Berlin (FU) von 1975 bis 1982 Rechtswissenschaften und – zeitweise als Doppelstudium – von 1981 bis 1985 Soziologie. Sein rechtswissenschaftliches Studium schloss er 1982 mit dem Ersten Juristischen Staatsexamen ab, dem 1986 das Zweite Juristische Staatsexamen folgte. Scheffler wurde 1984 unter der Betreuung von Axel Montenbruck im Juristischen Fachbereich der Freien Universität Berlin zum Dr. iur. promoviert, über das Thema „Kriminologische Kritik des Schuldstrafrechts. Die Voraussetzungen der Verwertbarkeit kriminologischer Erkenntnisse im Strafrecht“ (erschienen in Frankfurt am Main, 1985). 1987 folgte eine weitere Promotion, diesmal zum Dr. phil., bei Hellmuth Bütow im Fachbereich Philosophie und Sozialwissenschaften I der FU über die „Grundlegung eines kriminologisch orientierten Strafrechtssystems unter Berücksichtigung wissenschaftstheoretischer Voraussetzungen und des gesellschaftlichen Strafbedürfnisses“ (erschienen in Frankfurt am Main, 1987). Im Jahre 1991 habilitierte sich Uwe Scheffler an der FU für die Fächer Strafrecht, Strafprozessrecht und Kriminologie mit der in Literatur und Praxis viel beachteten Schrift „Die überlange Dauer von Strafverfahren – materiellrechtliche und prozessuale Rechtsfolgen“ (1991 erschienen in Berlin).

Nach einer Zeit als Strafverteidiger in den Jahren 1986 bis 1988 war Uwe Scheffler von 1988 bis 1991 wissenschaftlicher Mitarbeiter im Juristischen Fachbereich der FU und übernahm in den Jahren 1992 bis 1993 Lehrstuhlvertretungen in Bochum und Frankfurt am Main sowie Lehraufträge an der Universität Potsdam und an der Humboldt-Universität Berlin. Seit dem Jahr 1993 war Uwe Scheffler Inhaber des Lehrstuhls für Strafrecht, Strafprozessrecht und Kriminologie an der Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder). Einen Ruf an die Universität Regensburg auf den Lehrstuhl für Strafrecht, Strafprozessrecht und Kriminologie lehnte Uwe Scheffler ab und blieb der Viadrina treu. Diese Entscheidung mag damit zusammenhängen, dass er maßgeblich zum Aufbau der 1991 (wieder-)gegründeten Universität in Frankfurt (Oder) beigetragen hatte und sich deshalb in ihr verwurzelt fühlte. So diente er der Universität, unter anderem als Mitglied des Senats und der Juristischen Fakultät der Viadrina zunächst als Prodekan (1998–2001) und dann als Dekan (2001–2004), wobei er insbesondere den Aufbau der hiesigen deutsch-polnischen Juristenausbildung förderte.

Bei wissenschaftlichen Themenstellungen wie in den zuvor genannten Qualifikationsschriften lag es nahe, dass sich Uwe Scheffler neben dem Kernbereich des Strafrechts in der Lehre auch intensiv den sogenannten Schwerpunktbereichen widmete. Er hielt dabei mit Leidenschaft und von den Studierenden gern gehörte Vorlesungen zum Strafprozessrecht und zur Kriminologie, aber auch zum Straßenverkehrsrecht. Zu letzterem Thema trug er unter anderem bei als Mitherausgeber der Zeitschrift „Blutalkohol“, die er zu einem umfassenden Organ für die Publikation von wissenschaftlichen Beiträgen im Schnittbereich von Rauschmittelkonsum und Straßenverkehrsbeteiligung weiterentwickelte. Er war deshalb auch stetiger Teilnehmer des Verkehrsgerichtstages in Goslar und hielt dort viel beachtete Vorträge. Zudem übernahm Uwe Scheffler von Zeit zu Zeit Strafverteidigungen, vor allem zu Delikten im Rahmen des Straßenverkehrsrechtes.

In seinem wissenschaftlichen Werk finden sich so wichtige Publikationen wie die eines Handbuches zum Strafverfahren (hrsgg. in München 2008 zusammen mit Michael Heghmanns) sowie eines zusammen mit D.-M. Halecker, J. Melz und C. Zielińska verfassten Buches „Kunst, Musik und Strafrecht“, das demnächst in Berlin erscheinen soll. Das Verhältnis zwischen Kunst und Strafrecht war seit einigen Jahren immer deutlicher zu einem zentralen Forschungsinteresse Schefflers geworden, dem er sich mit großer Intensität zuwandte. Es begann mit einer zusammen mit seinen Mitarbeiterinnen konzipierten und realisierten Ausstellung „Kunst und Strafrecht“, die sich anhand ausgewählter Beispiele der bildenden Kunst, insbesondere mit den eventuellen Begrenzungen der Kunst (inkl. Satire) durch das (Straf-)Recht, und damit auch mit den Normen der Kunst- und Meinungsfreiheit befasste. Daraus wurde eine Wanderausstellung, die jeweils mit Vorträgen der Autoren/innen in vielen Universitätsstädten Europas gezeigt wurde und auf großes Interesse stieß. Das genannte Buch soll der wissenschaftlichen Vertiefung dienen. Eine für den kommenden Herbst geplante Tagung zum Thema „Literatur und Strafrecht“, zu der Uwe Scheffler noch unlängst eingeladen hatte, wird nun nicht mehr mit ihm stattfinden können.

Die Schriften von Uwe Scheffler umfassen mehr als 170 Titel zu Themenbereichen des von ihm in Frankfurt (Oder) übernommenen Lehrstuhls. Hierzu zählt etwa der zu einem längeren Aufsatz ausgearbeitete Vortrag, den er auf der von ihm in Frankfurt (Oder) (mit-)veranstalteten Tagung 2005 der Vereinigung der deutsch-sprachigen Strafrechtslehrer/innen zu dem Thema „Strafgesetzgebungstechnik in Deutschland und Europa“ gehalten hat (erschienen in ZStW 117 [2005], S. 766 ff.). Weiterhin findet sich eine Reihe von Beiträgen zu dem an der Viadrina in Zusammenarbeit mit vielen polnischen Strafrechtskollegen durchgeführten Forschungsprojekt „Kriminalität im Grenzgebiet“. Uwe Schefflers didaktisches Geschick zeigt sich in der etwas ungewöhnlichen, von ihm konzipierten Schriftenreihe „Die etwas anderen Lehrmaterialien“, in welcher der Weg von der Wissenschaft in die juristische Praxis (und wieder zurück) anhand von Auszügen aus Originalakten geebnet wird, die er zur regelmäßigen Grundlage vieler seiner Vorlesungen machte. Aus Initiativen wie dieser erklärt sich, weshalb die Vorlesungen von Uwe Scheffler stets überdurchschnittlich gern von den Studierenden angenommen wurden.

Neben seinen Fachgebieten war Scheffler immer interessiert auch an Themen, die über das Juristische weit hinausgehen. Man konnte mit ihm über nahezu alle Fragen, die sich in der Welt nun einmal stellen, heftig und ausführlich diskutieren. Mit seinem für Berliner durchaus typischen Humor und seiner Schlagfertigkeit war er in der Lage, aus mancher eher etwas trockenen Sitzung eines Universitätsgremiums wenigstens für kurze Zeit eine Versammlung fröhlicher Menschen zu machen, ohne dass dabei die Ernsthaftigkeit der verhandelten Themen in den Hintergrund getreten wäre. Uwe Scheffler wird seinen Kollegen und Kolleginnen sowie seinen Mitarbeiter/innen und Studierenden als engagierter Lehrer und fundiert Forschender in bester Erinnerung bleiben. Er wird uns fehlen.”

„Überraschend erreichte mich die traurige Nachricht, dass unser Kollege Uwe Scheffler verstorben ist. Herr Scheffler war seit 1993 an der Viadrina tätig und gehörte damit zu den Kollegen der ersten Stunde, die unsere Fakultät aufgebaut haben. Als Hochschullehrer, Dekan, Senator, Mitglied des Fakultätsrates und in vielen anderen Funktionen hat er sich für die Fakultät und die Universität eingesetzt und sich um sie verdient gemacht. Mit seinem Ausstellungsprojekt ,Kunst und Strafrecht‘ war er noch bis in die letzte Zeit sehr aktiv. Erst kürzlich erhielt ich von ihm ein Widmungsexemplar der türkischen Fassung des Ausstellungskatalogs. Wir werden Herrn Scheffler ein ehrendes Gedenken bewahren.“

Prof. Dr. Ulrich Häde, Dekan der Juristischen Fakultät